Sonnenuntergang
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Auszeit im bio-logischen Mühlviertel

Kleine Alltagsflucht gefällig? Das in seiner unspektakulären Art so grandiose Mühlviertel bietet den idealen Rahmen, um mal richtig mit der Seele zu baumeln. Gerade auch deswegen, weil man hier konsequent auf biologische Landwirtschaft setzt.

Schräg lehnen sich die Sonnenstrahlen über die Welt. Das Licht des späten Tages taucht das vielfältige Panorama aus Wiesen, Wäldern und Feldern, aus Kirchturmspitzen, nahen Hügeln und fernen Bergen in goldenes Licht. Eine unglaubliche Stille liegt über dieser Mühlviertler Landschaft, die zum Horizont hin ins Donautal abfällt.

Ein Bild, das zum kontemplativen Schauen einlädt. Anneliese Maringer unterbricht diesen Moment der Versunkenheit. Fröhlich lädt die junge Frau eine phänomenale Brettljause mit Speck, Bratl & Co sowie einen großen Krug mit Most am Tisch ab. „Alles Bio. Alles regional“, macht Maringer gleich noch mehr Appetit. Das Angebot in der Jausenstation Hansberg hat sie aus persönlicher Überzeugung so zusammengestellt – außerdem sitzt sie direkt an der Quelle: Sämtliche Fleischprodukte stammen aus der familieneigenen Bio-Landwirtschaft ihres Lebensgefährten Johannes Steinmayr. „Als Erbhof ist das Anwesen seit mindestens 200 Jahren in unserer Familie“, verweist Altbauer Heinrich stolz auf die lange Tradition, die er und seine Nachkommen zu bewahren gedenken. “Wir selbst, meine Frau und ich, haben immer schon naturnah gewirtschaftet, unser Hof ist bereits seit Mitte der 1990er zertifizierter Bio-Betrieb“.

Anneliese Maringer serviert in der Jausenstation Hansberg phänomenale Bio-Brettljausen.
Anneliese Maringer serviert in der Jausenstation Hansberg phänomenale Bio-Brettljausen. Foto: Walter Grohs

Der Steinmayr Hof ist im Mühlviertel keine Ausnahme. Rund die Hälfte der oberösterreichischen Biobauern ist hier zu Hause. Das war 2010 der Ausgangspunkt, um die Bio-Region Mühlviertel ins Leben zu rufen. „122 Unternehmen, von der Landwirtschaft über den Bäcker bis zum Unterkunftsgeber, haben sich uns bereits als Partnerbetriebe angeschlossen", sagt dazu Dipl.-Ing. Susanne Maier von BIO AUSTRIA Oberösterreich. "Es ist auch wichtig, dass die Bewohner eine Wertschätzung für das entwickeln, was sie hier Kostbares haben. Andererseits möchten wir auch einen sanften Tourismus forcieren".

Bio ist dabei das Schlüsselwort: Denn das, was man hier hat, ist eine gepflegte Kulturlandschaft, die eben deswegen so schön ist, weil sie mit ihren kleinen Strukturen sehr vielfältig und abwechslungsreich ist. Biobauern tragen einen wesentlichen Teil zur Erhaltung bei, indem sie etwa Steilhänge mähen, ihre Kühe im Grünland weiden, Streuobstwiesen bewahren und ohne Pestizideinsatz die Artenvielfalt auf den Wiesen fördern.

Wandergruppe auf der Wiese mit Kühen
Besuch am Steinmayr-Hof, der bereits seit Mitte der 1990er bio-zertifiziert ist. Foto: Walter Grohs

Gäste, die das Besondere suchen, sind hier bestens aufgehoben. Das Mühlviertel ist Teil der Böhmischen Masse, eines Gebirgsmassivs das lange vor den Alpen entstanden war – und heute dafür bereits deutlich abgeschliffener ist. Hügelige Weiten, erodierte Granitformationen, dunkle Wälder, tiefgründige Moore und klare Seen sind die Protagonisten. Durch die sanfte Topographie der über die Jahrmillionen verwitterten Landschaft ist gut wandern, walken oder radeln, es bleibt genug Muße und Puste, das Rundherum zu genießen.
Zudem wartet an vielen Ecken biologisch-regionale Kulinarik. Da sind etwa die Erdäpfeläcker, die mit einer ausgeklügelten Fruchtfolge bestellt werden, und deren Ernte man als Knödeln, Nudeln oder mit Leinöl serviert. Dazu mundet ein würziges Bier, gebraut in der Neufeldner Biobrauerei aus Biohopfen, der vor der Haustüre wächst. Oder aber man greift zum oberösterreichischen Klassiker Most, gepresst aus alten Apfel- und Birnensorten der Streuobstwiesen. „Wir verwenden die alten Landsorten aber nicht aus Nostalgie“, verrät Klaus Bauernfeind vom Köglerhof, „Sie sind körperreicher als moderne Züchtungen, die für Most eher ungeeignet sind.“ Die Kellertechnik ist heute allerdings so zeitgemäß, wie man das vom Wein her kennt.

Ebenso am letzten Stand der Technik ist Florian Prückl, der aus Äpfel, Birnen und allerlei anderem Obst ausgezeichnete Schnäpse brennt sowie neuerdings aus Getreide salonfähigen Whisky und Gin. Prückl: „Getreide hatten wir immer schon am Hof und auch der Kornbrand hat eine lange Tradition. Da dachte ich mir, das lässt sich doch wunderbar weiterentwickeln“. Die Basis seines Whiskys bildet die alte, robuste Sorte Schlägler Bio-Roggen, die auf den Feldern von Prückls Vater gedeiht. Auch die hiesigen Bergkräuter spielen beim Edelbrenner eine Rolle: Sie geben seinem Gin das spezielle Aroma.

Die würzigen Kräuter, die hier überall wachsen, führen uns letztendlich ins TEM-Zentrum nach Bad Kreuzen. Sie sind hier wichtige Bestandteile der Ernährung, die wiederum eine der Säulen des ausgegrabenen alten Wissens namens Traditionelle Europäische Medizin ist. „Die TEM basiert auf der Säftelehre oder Humoralpathologie, die erst ab dem 19. Jahrhundert allmählich verdrängt wurde“, erläutert Betriebsleiter Friedrich Kaindlstorfer. Sie ist ein ganzheitlicher Ansatz, der in Zeiten, in denen die Schulmedizin an ihre Grenzen stößt, erneut stark in Mode kommt. Warum sie ausgerechnet im Mühlviertel wiederbelebt wird? Kaindlstorfer: „Es passt einfach hierher. Die große Verbundenheit der Menschen mit der Natur ist in der Region noch ganz stark verwurzelt.“

Autorin: Anita Ericson

Infos:

Broschüre "Entdecken – Staunen – Genießen: Reise durch das bio-logische Mühlviertel"
www.bioregion-muehlviertel.at.

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Bestellungen bei BIO AUSTRIA OÖ, T 050/6902-1420 oder unter oberoesterreich@bio-austria.at

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zuletzt geändert am 24.05.2023

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