Blick auf Schloss Krumau und die UNESCO geschützte Altstadt.
Blick auf Schloss Krumau und die UNESCO geschützte Altstadt. Foto: Vít Kršul

Kosmisches Böhmen

Český Krumlov ist beeindruckend, zauberhaft, verspielt, geheimnisvoll. Genauso wie das Moldavitenmuseum mitten in der Altstadt von Krumau. Hier kann man seltene Relikte eines unglaublichen Bombardements aus dem Weltall bestaunen.

Český Krumlov (Böhmisch Krumau) bietet alles, was man für einen gelungenen Familienausflug braucht. Ein UNESCO geschütztes mittelalterliches Ambiente, einen krummen Fluss, auf dem man aufregende Kanu- oder Floßfahrten machen kann und ein betriebsames Graphit-Bergwerk, das man unter bestimmten Bedingungen sogar besichtigen darf. Zum virtuellen Rundgang>>>

Doch was die wenigsten wissen ist, dass es in der Altstadt von Krumau ein Museum gibt, in dem man 15 Millionen Jahre in die Vergangenheit reisen kann. In eine Zeit, in der sich ganz in der Nähe eine gewaltige Naturkatastrophe ereignete und bei der äußerst seltene Relikte entstanden sind.

Dieses seltene Glasobjekt ist bei einem Meteoriteneinschlag vor 15 Millionen Jahren entstanden.
Dieses seltene Glasobjekt ist bei einem Meteoriteneinschlag vor 15 Millionen Jahren entstanden. Foto: Vít Kršul

Superman lässt grüßen

Damals schlugen zwei Meteorite rund 250 Kilometer von Krumau entfernt in den Erdboden. Die Wucht war so groß, dass alles Leben im Umkreis von mindestens hundert Kilometern in Sekundenschnelle ausgelöscht wurde. Die Schockwellen der Explosionen fegten mit bis zu 600 km/h rund um den Erdball und waren auf der ganzen Welt zu spüren und zu hören.
Ein Teil des herausgeschleuderten Materials raste bis zu 400 Kilometer weit durch die Luft, bevor es in unzählige Teile zersprang. Was darauf folgte, war ein glühend heißer Regen von wenigen Zentimeter großen, grünen Gesteinsgläsern, die ein wenig so aussehen, wie die grünen Kryptonite aus der Serie „Superman“. Die meisten von ihnen hagelte es über der Region Jihočeský kraj in Südböhmen nieder. Und weil man die zauberhaften kleinen grünen Steinchen besonders häufig in der Moldau oder in der Nähe des Flusses finden konnte, gaben ihnen die Menschen den Namen „Vltaviny“, auf Deutsch Moldavit.

Jugendliche auf der Suche nach den kosmischen Schätzen.
Auf der Suche nach den kosmischen Schätzen. Foto: Jan Michael Lange

Ein Stück versteinerte Geschichte

Das Aussehen dieser flaschen- bis braungrünen Gesteinsgläser ist so ungewöhnlich und selten, dass man denken könnte, sie kämen direkt aus dem Weltall. Tatsächlich sind sie aber irdischen Ursprungs und gehören zur Kategorie der Tektite. Das sind Reste geschmolzener Sande, Lehme und Gesteine, die unter besonders seltenen Bedingungen beim Einschlag von außerirdischen Geschossen entstehen.

Vít Kršul, Obmann und Mitbegründer des „Muzeum vltavínů“ ist seit seiner Kindheit von diesen seltenen Zeitzeugen fasziniert. 2003, beschloss er nach einem Geologiestudium an der Universtität Karlova, mit vier ehemaligen Studienkollegen ein Museum in Krumau aufzubauen, das sich in einer noch nie dagewesenen Form mit diesem Thema beschäftigt. Auf nur 150 Quadratmetern, in einem ehemaligen Wirtshaus, in der Panská Straße Nummer 19 ist dieser Traum Wirklichkeit geworden. „Tektite gehören zu den seltensten Materialien, die es auf unserem Planeten gibt. Weltweit sind nur vier Gebiete bekannt, in denen man so etwas finden kann. Und eines davon - es ist übrigens das einzige in Europa - befindet sich direkt vor unserer Haustür", erzählt Kršul.

Ein Alleinstellungsmerkmal des Moldaviten ist die ungewöhnlich hohe Transparenz. Foto: Sabine Blöchl
Er zeigt auf ein paar handtellergroße Stücke, die er mitgenommen hat. Ein Teil davon wird später in den dafür vorgesehenen Vitrinen ausgestellt. „Typisch ist der Tropfen, den wir hier in verschiedenen Größen sehen“, erklärt Kršul. „Moldavite können aber auch durchgebogen oder flach sein. Kugel-, Teller- oder stäbchenförmig. Je nachdem, wie sich das Material während des Fluges durch die Atmosphäre bewegt hat.“

Als die Sonne durch eines der wenigen Fenster blinzelt, nimmt Kršul ein Exemplar aus der hölzernen Schatulle und hält es gegen das Licht. „So sehen Sie die grüne Farbe, das durchsichtige Material und die seltsam zerfurchte Oberfläche am besten. Diese Merkmale sind es auch, die Moldavite weltweit so einzigartig machen.“

Via Smartphone durch die Zeit

Kurz darauf legt er den Moldaviten zurück und blickt in den gewölbten Raum. „Unsere Ausstellung ist als interaktive Entdeckungsreise mit vielen audiovisuellen Elementen geplant. Damit wollen wir vor allem jüngere Menschen in den Bann ziehen. Die BesucherInnen können sich so auch spielerisch durch die Ausstellung führen lassen. Via Apps mit Smartphones und Tablets.“

Völlig neu ist auch die inhaltliche Auseinandersetzung mit der Thematik. „In den Sammlungen, die es dazu bereits in einigen tschechischen Museen gibt, werden Moldavite nur aus einer beschränkten Anzahl an Fundorten gezeigt“, so Kršul. „Ohne jeglichen Bezug zur Entstehungsgeschichte oder der Bedeutung, die sie in der Kultur der Menschen gespielt haben. Bei uns gibt es einen Raum, in dem sich alles um Moldavite und Menschen dreht. Hier erfährt man auch etwas über die Mythen und Legenden, die Verwendung in der Steinzeit, der Schmuck- und Kosmetikindustrie und in der Esoterik.“

Moldavitenmuseum: www.vltaviny.cz

Autorin: Sabine Blöchl

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zuletzt geändert am 01.04.2020

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