Tische am Gehseig in einer Allee in Cordoba.
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Slow travel oder die Entdeckung der Langsamkeit

Langsam reisen. Zauberworte für all jene, die am Ende ihres Urlaubes nicht erschöpfter zu Hause ankommen wollen als sie es bei der Abreise waren, die getrost auf das Abhaken von Sehenswürdigkeiten verzichten können und es riskieren, auch einen Blick auf die scheinbar kleinen Dinge abseits der ausgetretenen Pfade zu werfen.

Zur Ruhe kommen, sich treiben lassen, Eindrücke auf sich wirken lassen, nachhaltig und eben langsam reisen … Bei „Slow travel“ steht das bewusste Genießen vor dem hastigen Konsumieren. Die Kunst besteht darin, sich bewusst Zeit zu nehmen, sich umzuschauen und den Rhythmus der neuen Umgebung auf sich wirken zu lassen, anstatt schon wieder die Koffer für die nächste Station der Reise zu packen. Auf einem einsamen Steg sitzen und das Schattenspiel der Wolken auf der spiegelnden Seeoberfläche betrachten. Einen verbummelten Morgen am Markt verbringen und dem geschäftigen Treiben zusehen. Oder die spontane Einladung zu einem Gläschen annehmen, bei dem der Weinbauer mitten im idyllischen Weingarten den Weg der Traube vom Stock bis ins Glas erklärt. An solche kleinen Erlebnisse erinnern wir uns auch Monate später noch mit einem Lächeln auf den Lippen.

Eine langsame, dafür aber umso intensivere Art, Österreich zu entdecken, ist zu Fuß zu gehen. Im Takt eines gleichmäßigen Schrittes lässt es sich wunderbar durchatmen und die Gedanken ordnen. Ob auf gemütlichen Spaziergängen oder auf fordernden Bergstrecken – der Weg ist das Ziel bei der Magie des Gehens. Im hügeligen Waldviertel beispielsweise kann man dem Klang der Natur auf einsamen Wegen folgen und in der Dämmerung beobachten, wie sich der Nebel über die geheimnisvoll angeordneten Steinformationen legt. An den Ufern des flachen Neusiedlersees wiederum erschließt sich dem Spaziergänger eine wundersame Vogel- und Wasserwelt. Eine Auszeit von der gewohnten Zivilisation erlebt man in den Alpen: Fernab von Autobahnen und Supermärkten ist der Wanderer auf sich selbst und seine Muskelkraft angewiesen. Das Gefühl am Gipfel zu stehen – wie hoch oder niedrig er auch sein mag – am Gipfel, den man soeben selbst bestiegen hat, und hinunterzuschauen auf die Welt, aus der man heraufgestiegen ist, gibt ein unbeschreibliches Gefühl der Freiheit und inneren Ruhe. Unvergesslich bleibt auch eine Übernachtung in einer Berghütte, wo das einfache Essen nach der Anstrengung doppelt so gut schmeckt und die Sterne am Nachthimmel der Alpen so hell leuchten wie sonst nirgendwo. Ein sanftes Ruhekissen ist auch das sichere Wissen, mit der ressourcenschonendsten Art der Fortbewegung die Natur ebenso intakt zurückzulassen wie man sie vorgefunden hat.

Ein besonderer Geheimtipp für alle, die im Einklang mit der Natur urlauben wollen, ist das Tiroler Villgratental: Fernab der Hektik von Touristenhochburgen erschließt sich dem Urlauber ein Wander- und Skitourenparadies, das ohne technische Hilfsmittel, wie Seilbahn oder Schlepplift, auskommt. Die uralten Häuser und Almhütten, die im Sommer bewirtschaftet werden, laden zu einem besonderen Ausflug ein: einer gedanklichen Reise in die Vergangenheit.

„Slow traveller“, langsam Reisende, denen nachhaltiger Genuss wichtig ist, sind auch bei den zahlreichen und vielfältigen österreichischen Bio-Betrieben gut aufgehoben. Ob Bio-Bauernhof, Bio-Pension oder elegantes Bio-Hotel: Sie alle legen besonderen Wert darauf, ihr Angebot regional und saisonal im Einklang mit der Natur zu erstellen – ein spürbares Erlebnis für die Gäste, die eingeladen sind, sich Zeit zum Probieren, Schmecken und Verstehen zu gönnen. Und hier erfährt man auch, dass reisen verweilen bedeutet. Fortgeschrittene „Langsam Reisende“ genießen das Innehalten und das süße Nichtstun. Sei es im Obstgarten eines steirischen Bio-Bauernhofes, am Ufer eines Kärntner Sees oder im Schatten der Tiroler Berge: Im Mittelpunkt steht das Sich-Zeit-Nehmen für neue Begegnungen. Die familiäre Struktur der meisten österreichischen Betriebe macht es den Gästen dabei einfach, den ersten persönlichen Kontakt zu knüpfen und den Urlaubsort aus Gesprächen, Erzählungen und Erinnerungen anders zu begreifen, intensiver und tiefer.

Das Zu-sich-selbst-Finden, das Entspannen oder die Reise ins „Ich“ kann man in Österreich auch gut unter Anleitung antreten. So sind viele österreichische Klöster zu Orten der Einkehr geworden. Sie laden Reisende aller Konfessionen dazu ein, am Klosterleben teilzuhaben, die Stille zu entdecken, gemeinsam zu meditieren oder zu fasten. Auch Yoga mit kräftigenden und entspannenden Übungen für Körper und Geist hat mittlerweile den Weg aus Indien nach Österreich gefunden. Das Angebot reicht von einzelnen Stunden in Kleingruppen bis zum Yoga-Urlaub, bei dem auch Ernährung und Lebensrhythmus auf den yogischen Stil abgestimmt werden. Besonders eindrucksvoll ist ein Yoga-Urlaub im Yoga-Zentrum im Kitzbüheler Reith mit angrenzendem Bio-Hotel, wo inmitten einer atemberaubenden Alpenkulisse das „Loslassen“ leicht fällt.

Übrigens: Wer bereits bei An- und Abreise auf Schnelligkeit verzichtet und beschaulich per Bus, Bahn oder Schiff reist, tut nicht nur der Umwelt etwas Gutes, sondern kommt auch leichter aus dem gewohnten Lebensrhythmus heraus und wieder zurück. Die langsame Veränderung der Landschaft, der Plausch mit dem unbekannten Sitznachbarn oder das erstmalige Hören einer anderen Sprache sind willkommene Anlässe, die Tür zum Alltag zu schließen und sich der Vorfreude auf die Urlaubstage hinzugeben. Auf dem Heimweg wiederum kann man noch ein letztes Mal die vertraut gewordene Landschaft betrachten oder beim Vorbeigleiten der Berge nochmals das Gefühl der unbegrenzten Freiheit auf dem Gipfel spüren und als kostbare Erinnerung konservieren …

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zuletzt geändert am 02.07.2018

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