Ein kleines Herz, aus einer getrockneten Feige und einer Mandel zusammengesetzt, wird von einer weiblichen Hand zwischen Daumen und Zeigefinger ins Bild gehalten. Im Hintergrund sieht man verschwommen einen Markttisch mit unzähligen anderen Früchten. Die
Das "Herz von Málaga". Foto: Maria Kapeller

Málaga: Ein Herz aus Feigen und Mandeln

Fruchtig, bunt, lebendig - die südspanische Hafenstadt Málaga hat sich in den vergangenen Jahrzehnten neu erfunden – und ist besonders bei Kulinarik-Fans heiß begehrt.

Lange Zeit war Málaga vor allem An- und Abflugort für Sonnenhungrige, die es weiter zu den Hoteltürmen der Costa del Sol zog. Heute wird die südspanische Hafenstadt gern ihrer selbst wegen angesteuert und hat sich vor allem als kulinarisches Reiseziel etabliert. Das ist mitunter der geografischen Lage zu verdanken: Málaga liegt am Mittelmeer und ist von mediterranem Klima geprägt, im Hinterland türmen sich lang gestreckte Gebirgszüge auf. Dort wachsen Mandeln, Zitronen, Orangen, Oliven und seit einigen Jahrzehnten auch Avocados. Entlang der subtropisch geprägten Ostküste, der Costa Tropicana, gedeihen Früchte wie Mangos, Papayas, Granatäpfel und sogar die pink leuchtenden Drachenfrüchte. Angeblich ist dieser Küstenabschnitt die einzige Gegend in Europa, in der Zuckerrohr wächst.

Entlang des Flusses Guadalhorce, im gleichnamigen Flusstal, liegt Málagas Obst- und Gemüsegarten mit bis zu 40 verschiedenen Tomatensorten. Ein gutes Stück entfernt herrscht kontinentales Klima und lässt Kastanien und wilde Pilze wachsen. Zusammengefasst: Im Umkreis von nur 100 Kilometern herrscht eine immense Vielfalt und die Transportwege in die Stadt sind kurz.

Die aufwändig in kunstvollen Bögen konstruierte Stahlkonstruktion trägt das Dach der Markthalle Atarazanas.
Die kunstvoll geschmiedete Stahlkonstruktion der Markthalle Atarazanas. Foto: Maria Kapeller

Reges Markttreiben

Einen ersten Eindruck von der kulinarischen Vielfalt der Region verschafft ein Besuch in der Markthalle Atarazanas, die im späten 19. Jahrhundert auf dem ehemaligen Werftgelände gebaut wurde. Die Stahlkonstruktion mit einem Hauptportal aus weißem Marmor steht unter Denkmalschutz und wurde vor einem guten Jahrzehnt modernisiert. Als größter Markt der Stadt wird er von den Einheimischen „mercado central“ genannt. Wer eintritt, fühlt sich wie im Schlaraffenland. Auf den Marktständen haben die Händlerinnen und Händler kunstvolle Türme aus Tomaten, Erdbeeren, Feigen, Orangen, Zitronen, Mangos, Papayas, Mandeln und Unmengen von Oliven geformt. Auch im Angebot: Getrocknete Feigen, Mandeln in Olivenöl und kleine Herzen, die aus jeweils einer getrockneten Feige und einer Mandel zusammengesetzt sind – bekannt als das „Herz von Málaga“. Von den Decken der Stände hängen ganze Schinkenkeulen, Chorizo-Würste und die lokale Spezialität „salchichón de Málaga“, die aus Schweinefleisch und Gewürzen besteht.

Am besten flaniert man erst einmal in aller Ruhe durch und lässt sich von den Farben, Formen und Gerüchen ins Markttreiben hineingleiten. Danach mischt man sich unter die Einheimischen, die einkaufen oder sich bei einem Glas „vinto tinto“ und einer Portion „boquerones al limón“, frittierten Anchovis, beträufelt mit Zitrone, unterhalten. Zu diesem knusprigen, salzig-saurem Snack passen als süßlicher, saftiger, weicher Kontrast frittierte Melanzanisticks mit Zuckerrohrsirup. Ein Becher hausgemachter Sangria oder ein kleines Bier, „caña“, runden das Mini-Menü ab. Neben Obst, Gemüse, Fisch und Fleisch werden auch fertige Gerichte angeboten, etwa Fleischbällchen („albondigas“) in Mandelsauce, „ensalada malagueña“ oder „fideuá“. „Das ist eine andere Art und Weise, Paella zu kochen“, erklärt Felipe Álvarez, Guide von den Spain Food Sherpas, bei einer kulinarischen Stadttour. „Statt Reis werden schmale Nudeln aus unserer Region verwendet“, sagt er. Die restlichen Zutaten gleichen der klassischen Paella: Fisch und Meeresfrüchte. Ein Duo, das auch in anderen regionalen Gerichten vorkommt. Etwa in der „gazpachuelo“, einer Suppenspezialität mit hausgemachter Mayonnaise und Kartoffeln.

Ein farbenfrohes Angebot an frischem Gemüse: Spargel, Artischocken, Pilze, Tomaten, Paprika und Pepperoni auf reichlich beladenen Markttischen. Die Preise werden auf kleinen schwarzen Tafeln mit weißer Kreide angeschrieben.
Gemüse am Markt. Foto: Maria Kapeller

Bio-Gemüse und eine Star-Tomate

Freilich wird am Markt von Atarazanas auch ökologisch kultiviertes Obst und Gemüse angeboten. „Die Bio-Produktion steigt seit Jahren an. Viele unserer traditionellen Anbaubetriebe haben auch schon davor ohne den Einsatz von Chemie produziert, nur eben ohne Bio-Zertifikat“, erklärt Felipe. In Málaga und Umgebung werden immer wieder spezielle Bio-Märkte veranstaltet, organisiert von der Kooperative Guadalhorce Ecólogico. Um sich ins ländliche Marktgetümmel zu werfen, empfiehlt Felipe einen Sonntagsausflug ins 35 Kilometer entfernte Kleinstädtchen Coín. Der Star unter den in der Region angebauten Bio-Lebensmitteln ist die Tomate Huevo de Toro. Ihre Merkmale sind eine hauchdünne Haut, ein intensives Aroma und ihre beachtliche Größe – sie kann mehr als ein halbes Kilogramm wiegen. Die Frucht wird im Freien kultiviert, von Hand gepflegt, reif geerntet und an die Märkte und lokalen Restaurants ausgeliefert. Gerne wird sie roh einfach so oder in Salaten, mit Olivenöl und Meersalz genossen oder als Hauptzutat der kalten Gemüsesuppe, der „gazpacho“, gegessen. Typisch für Málaga ist die ebenfalls kalte Suppe „porre antequerena“ aus Tomaten, Knoblauch, Pfeffer, hartem Brot, Olivenöl, Sherryessig, Meersalz und Wasser.

Sich mit Tapas durchkosten

Wer sich gerne durch landestypisches Essen kostet, hat in Málaga die Qual der Wahl. Gut, dass auch hier die spanische Tradition der Tapas, häppchenweise gereichter Portionen, allgegenwärtig ist. Auf seinen Touren erzählt Felipe, wie sie entstanden ist: „Früher, als die Menschen noch auf Pferden unterwegs waren, fragten sie in den Tavernen oft nach einem Deckel („tapa“), um damit ihr Getränk zu bedecken. Irgendwann haben die Kellner angefangen, kleine Stücke Schinken, etwas Käse, Würstchen mit Brot oder eingelegte Gurken daraufzulegen, um das Getränk zu begleiten und sich so von der Konkurrenz abzuheben.“ Die Tapas-Kultur in Spanien unterscheidet sich je nach Region und Stadt: In Granada, Jaén oder Gijón erhalten Gäste zu jedem Getränk eine Tapa, dafür kann der Preis mitunter etwas höher sein. In Málaga werden Getränke und Tapas eher separat bestellt. Übrigens: Wer Wert auf biologisch produzierte Tapas legt, sollte in der Tapería Orgánica – Astrid vorbeischauen.

Blick auf das historische Zentrum von Málaga: Reste eines römischen Amphiteaters umringt von hohen Bäumen, im Hintergrund ragt der Turm der Kathedrale zwischen den Stadthäusern empor.
Römisches Theater, Alcazaba und die Kathedrale im historischen Zentrum Málagas. Foto: Maria Kapeller

Palmen-Promenade und Fußgängerzone

Felipe, 39, ist in Malaga geboren. Seit seiner Kindheit und Jugend hat sich die Stadt enorm verändert, speziell seit den 1990er Jahren. Aus dem ehemaligen alten Hafen wurde die offene, von Palmen umsäumte Promenade „Palmeral de las Sorpresas“ mit Restaurants, Bars und Geschäften. Die Straßen im historischen Zentrum wurden renoviert und in eine Fußgängerzone verwandelt. Die Kathedrale, das Römische Theater und die Alcazaba, eine maurische Festungs- und Palastanlage, sind heute Magnete für Besucher*innen. Außerdem glänzt die Geburtsstadt von Pablo Picasso mit einem breiten Angebot an Museen, allen voran das Picasso Museum mit rund 200 Werken in ständiger Ausstellung. Aber auch das Museo Carmen Thyssen, das Centre Pompidou Málaga oder das Zentrum für Zeitgenössische Kunst im Kunstviertel El Soho gehören zum kulturellen Reichtum. Felipe mag die lebendige Atmosphäre, das angenehme Klima mit 300 Sonnentagen im Jahr, die Freundlichkeit und den Humor der Einheimischen sowie das internationale Flair. Besucherinnen und Besuchern empfiehlt er einen Abstecher in das Fischerviertel Pedregalejo mit den typischen Fischlokalen oder in die Berge von Málaga, den Naturpark im Hinterland.

Radfahrer unterwegs auf einem Promenadenweg gesäumt von grünen Straßenlaternen, zahlreiche Bäume spenden Schatten an einem heißen Sommertag.
Foto: Ebike Málaga

Der Küste entlang radeln

Für die Zukunft wünscht sich Felipe weniger Autos und eine saubere Mobilität. Der Ausbau der U-Bahn ist schon länger geplant. Eine, die schon jetzt Teil einer umweltverträglichen, urbanen Fortbewegung ist, ist Angeline Remy von Ebike Málaga. Das Unternehmen verleiht nicht nur Fahrräder und elektrische Räder, sondern bietet auch E-Bike-Touren an. „Wir leben in einem idealen Klima mit viel Sonne und wenig Regen, um das ganze Jahr über mit dem Rad zu fahren“, schwärmt die 39-jährige Französin. Das Radwegnetz führt zum Teil direkt am Meer entlang, vorbei am langgezogenen Strand Playa de la Malagueta. „Hoffentlich werden die Radwege weiter ausgebaut“, sagt Angeline. Ihr persönlicher Tipp für einen Radausflug außerhalb des touristisch geprägten Zentrums: Vom lokalen Viertel Huelin mit seinen vielen Tapas Bars auf dem Paseo Marítimo Antonio Banderas bis zum Strand-Duo Misericordia und Sacaba radeln.

Dabei kann man sich auch gleich dem einheimischen Lifestyle annähern: Die Locals in Málaga sind bevorzugt draußen, sitzen mit Freund*innen oder der Familie am Strand oder in Terrassen-Cafés. Denn erstens ist das Wetter meistens gut und zweitens leben oft zwei Generationen in einer Wohnung zusammen. „Da ist es naheliegend, dass viel Zeit im Freien verbracht wird“, sagt Angeline. Sich irgendwo Tapas zu bestellen oder an den Chiringuitos, den Strandgrills in Bootsform, ein paar Sardinen („espetos“) zu holen, ist geselliger und oft auch günstiger, als daheim groß aufzukochen.

Eine Hauswand wurde mit bunter Straßenkunst verziert: Kopf und Hand eines lächelnden, bärtigen älteren Mannes, rechts daneben die Worte
Alternatives Málaga. Foto: Maria Kapeller

Neue Perspektiven einnehmen

Die aus Frankreich stammende Angeline lebt seit fast fünf Jahren in Málaga. Sie kam damals ohne Spanischkenntnisse und ohne konkreten Plan – nur mit dem Ziel, ein bisschen Sonne zu tanken. Bis jetzt ist sie geblieben. Wenn sie Zeit hat, schaut sie sich ihre Wahlheimat gerne von oben an. Etwa vom Hügel Gibralfaro aus mit Festungsanlage, Stadtmauer und kleinem Museum. „Man kommt zu Fuß oder mit dem E-Bike hinauf und der Ausblick ist einfach grandios“, schwärmt Angeline. Die Wahl-Spanierin hat einen weiteren Tipp parat: Sich einen Drink auf der Terrasse des AC Hotel Málaga Palacio gönnen, dem höchsten Gebäude vor Ort. Das eröffnet eine weitere Perspektive auf eine Stadt, die sich ständig weiterentwickelt.

Autorin: Maria Kapeller

ANREISE

Abenteuerlustige Menschen fahren zum Beispiel mit dem Zug von Wien nach Paris (tagsüber via Zürich in 12 Stunden, mit dem Nachtzug via München und Straßburg ab 14 Stunden, www.oebb.at), von dort weiter nach Madrid (12 Stunden; www.sncf.com) und anschließend nach Málaga (knapp 3 Stunden; www.renfe.com). Reine Fahrtzeit gesamt: knapp 29 Stunden

Etwas über drei Stunden dauert ein Flug von Wien nach Malaga.

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zuletzt geändert am 16.02.2022

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