2 Räder auf einer Plattform mit Blick auf Verden.
Aller Radweg mit Start in Verden. Foto: M.Guy / Bildarchiv der Stadt Verden

Naturerlebnis Aller-Radweg

Der Aller entlang zu radeln, das sind 250 Kilometer purer Naturgenuss. Sie ist einer der wenigen Flüsse, der über weite Strecken noch durch unberührte und vergleichsweise naturbelassene Landschaften verläuft.

Bequemlichkeitsbedingt bin ich ja eher der Typ, der gerne flussabwärts radelt. Bei der Aller lasse ich mich überreden, die Tour in die andere Richtung anzulegen. Denn der Höhenunterschied ist im Vergleich zum Wind, der meist aus dem Nordwesten bläst, zu vernachlässigen. Die Tour werde ich - wie empfohlen - in fünf Etappen zurücklegen. Das ist zwar alles andere als sportlich ambitioniert, aber ich will ja die Landschaft genießen und mir Zeit für die Dinge nehmen, die mich unterwegs überraschen werden.

Sonnenaufgang, Nebel, Kühe auf der Weide,
Die Aller bei Wietze. Foto: Lüneburger Heide GmbH / Dominik Ketz

Los geht es am Zusammenfluss der Aller mit der Weser in der Stadt Verden. Die Stadt erreicht man von Bremen aus mit dem Zug in einer knappen halben Stunde. Von Hannover, wo mich der ÖBB Nightjet um sieben Uhr morgens ausspuckt, ist es mit dem Zug auch nur eine knappe Stunde. Es empfiehlt sich, sehr früh zu reservieren, da im Zug insgesamt nur drei Fahrräder mitgenommen werden können.

Von Verden nach Schwarmstedt

Verden ist eine Stadt für Pferdeliebhaber*innen. Wenn Sie sich da dazuzählen, sollten sie gleich einmal den ersten Tag hier bleiben. Seit Jahrhunderten ist die Region für die Pferdezucht bekannt, viele der weltberühmten Hannoveraner Pferde machen hier ihre ersten Gehversuche. In Verden gibt es auch ein Pferdemuseum, wo es Wissenswertes zur Kulturgeschichte des Pferdes zu erfahren gibt.

Auch wenn man mit Pferden nichts am Hut hat, lohnt es sich, das Städtchen kennenzulernen. Die sehr schöne historische Altstadt mit dem Dom oder die Straßenzüge des ehemaligen Fischerviertels, wo sich Kunstschaffende niedergelassen haben. Wenn man das Allerufer entlang schlendert, stößt man auf ein John-Lennon-Denkmal, angeblich das einzige in Deutschland. Denn genau hier hat John Lennon 1966 Altstadtszenen für den Antikriegs-Film „How I won the war“ gedreht. Bei einem Spaziergang durch den Stadtwald kommt man an den Verdener Dünen vorbei, die nach der letzten Eiszeit vor rund 15.000 Jahren entstanden sind.

Aller mut Radweg.
Aller Radweg bei Bothmer. Foto: TMN /Thorsten Brönner

Am nächsten Tag geht's los auf dem Sattel des Drahtesels. Die erste Etappe führt rund 53 Kilometer vorbei an beschaulichen Dörfern, durch Flussauen und das Aller-Leine-Tal, wo die Heidelbeeren zuhause sind, bis nach Schwarmstedt. Ganze 31 Höhenmeter sind bei ziemlich kräftigem Rückenwind zu überwinden, Wind-Bike statt E-Bike! In Ahlden trifft der Aller-Radweg den Leine-Heide-Radweg. Ein Rundgang vorbei an den vielen Fachwerkhäusern, durch das Scheunenviertel und ein Besuch von Schloss Ahlden sind eine Pause wert. Schwarmstedt ist ein staatlich anerkannter Erholungsort in der südlichen Lüneburger Heide. Auch hier dominieren alte Fachwerkbauten das Ortsbild.

Teich bei Sonnenuntergang.
Meissendorfer Teiche bei Winsen. Foto: Lüneburger Heide GmbH / Markus Tiemann

Von Schwarmstedt nach Celle

Am nächsten Tag geht es weiter nach Celle. Die 44 Kilometer sind sogar für Hobbyradler eher eine Aufwärmübung. Da sollte es schon einen besonderen Grund geben, dass die Etappe nicht länger ist. Und den gibt es auch: Der Ort Winsen an der Aller bietet die idealen Voraussetzungen, um einmal so richtig in der Natur auszuspannen. Wälder, die bis an den Ortsrand reichen, kleine Heideflächen, reizende verschlungene Bäche, Heidemoore mit ihrer einmaligen Pflanzenwelt und die größte zusammenhängende Seenlandschaft der Lüneburger Heide laden zum Verweilen ein, und natürlich auch der Biergarten beim Museumshof. Am frühen Nachmittag in Celle angelangt bleibt auch noch genug Zeit für einen ausgiebigen Rundgang. Das Kulturerbe der Residenz- und Fachwerkarchitektur prägt auch heute das Gesicht der Stadt. Allein in der Altstadt sind über 500 liebevoll restaurierte, unter Denkmalschutz stehende Fachwerkhäuser zu bestaunen.

Gepflasterter Platz mit Schanigärten vor Fachwerkhäusern.
Fachwerkhäuser in der Altstadt von Celle. Foto: Marco Bredekamp

Die Stadt Celle wurde 2017 als erste Stadt in Norddeutschland als nachhaltiges Reiseziel zertifiziert. Die Aktivitäten sind vielfältig: Hoteliers, die Blühwiesen anlegen und ihren eigenen Honig produzieren, Restaurants, die regionale und saisonale Produkte verarbeiten, Start-Ups, die alte Traditionen wiederbeleben, Freizeiteinrichtungen, die ihren eigenen Strom erzeugen bis hin zu sozialen Initiativen wie die Celler Tafel. Ein schönes Beispiel ist das Hotel Blumlage, nur wenige Gehminuten von Celles Altstadt entfernt. Viele der Mitarbeiter*innen sind Menschen mit Behinderung und werden entsprechend ihrer Fähigkeiten und Kenntnisse im gesamten Hotelbetrieb eingesetzt. Menschlichkeit wird spürbar und die Gedanken darüber kommen am nächsten Tag mit auf die Reise.

Von Celle bis zur Quelle

Etappe drei ist mit 49 Kilometern auch nicht viel länger. Die Strecke führt am Kloster Wienhausen vorbei, ein ziemlich beeindruckender Baukomplex in norddeutscher Backsteingotik und schon bald ist man in der Mühlenstadt Gifhorn. Im Internationalen Mühlenmuseum sind gleich 14 Mühlen aus aller Welt aufgebaut. Sehr beeindruckend sind auch der Glocken-Palast und die russisch-orthodoxe Kirche. In der Altstadt dominiert wieder der Fachwerkbau. Auf keinen Fall sollten Sie sich den Gifhorner Ziegenkäse entgehen lassen.

Weiter geht es am nächsten Tag nach Oibisfelde - zumindest war es so geplant. Es sind wieder nur 46 Kilometer und etwa nach der Hälfte der Distanz kommt man durch Wolfsburg. Weil ein sonniger und heißer Tag angesagt ist ändere ich meine Pläne. Gleich nach Gifhorn führt die Route am Tankumsee vorbei und da lege ich einen ausgiebigen Badetag ein.

Sandstrand, Steg und Tretboote.
Badestrand am Tankumsee. Foto: Südheide Gifhorn GmbH

Am späteren Nachmittag fahre ich dann weiter durch das Naturschutzgebiet Ilkerbruch bis nach Wolfsburg, der einzigen größeren Stadt auf der Route. Da werde ich einmal zwei Tage bleiben und alles erkunden, was es da so gibt.

Danach steht die letzte Etappe bis zur Aller-Quelle nach Eggenstedt am Programm. Und weil ich die vorige Etappe abgekürzt habe ist diese jetzt mit etwas mehr als 80 Kilometern auch entsprechend länger. An der Landesgrenze zwischen Niedersachsen und Sachsen-Anhalt liegt Marienborn. Dieser Ort ist der historisch älteste Wallfahrtsort Deutschlands und gleichzeitig Zeitzeuge der Deutsch-Deutschen Teilung. Die Gedenkstätte ist europäisches Kulturerbe und unbedingt einen Besuch wert.

Von der Aller zur Elbe

Nur rund 30 Kilometer sind es von Eggenstedt nach Magdeburg, die letzte Staion meiner Reise. In der Landeshauptstadt von Sachsen-Anhalt gibt es vor allem für Kunstliebhaber und Geschichtsinteressierte viel zu entdecken. Tags darauf geht es mit dem Zug zurück nach Hause.

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zuletzt geändert am 20.10.2022

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