Blick auf die Seine in Paris: der rotgoldene Abendhimmel und die Lichter der Schiffe spiegeln sich im Fluss und im Laub der Bäume am Ufer wider.
Foto: Joe Desousa / unsplash

Paris zieht neue Saiten auf

Paris kann neuerdings auch auf dem Fahrrad erkundet werden! Das Radwegenetz wurde in den vergangenen Jahren stark ausgebaut, der Autoverkehr reduziert und bald wird auch das Baden in der Seine möglich sein.

Wenn Marion Soulet über ihren Arbeitsweg spricht, beginnt sie zu schwärmen. Sieben Kilometer radelt die Pariserin täglich von ihrer Wohnung im 12. in ihr Büro im 6. Arrondissement, einen Großteil des Weges die Seine entlang. Im Sommer kühlenden Fahrtwind um die Nase, im Winter eisige Kälte im Gesicht, auch bei Regen, manchmal ankämpfend gegen heftigen Wind, während Touristenboote und Frachtschiffe an ihr vorbeiziehen. „Für mich ist dieser Weg magisch“, sagt die 36-Jährige. „Ich liebe es, mit dem Fahrrad am Ufer der Seine zu fahren, und mache das tagaus und tagein bei jedem Wetter. Egal ob ich einkaufe, zur Arbeit fahre oder Freunde besuche, ich bin nahezu immer mit dem Rad unterwegs.“ Was Marion über das Fahrradfahren in Paris sagt, mag überraschen: Das Rad sei das ideale Verkehrsmittel, um in der französischen Hauptstadt Wege zurückzulegen. „In den vergangenen Jahren wurden viele Fahrradwege gebaut“, sagt Marion, die sich beim Radfahrerverband „Paris en Selle“ engagiert. Sie räumt ein: „Es braucht aber noch einige mehr, damit Paris zu einer echten Fahrradhauptstadt wird.“

Mehr Radfahrer*innen seit Corona

Immerhin hat Paris schon jetzt mit dem Radweg am Boulevard de Sébastopol einen der am stärksten frequentierten Radwege Europas. Immer mehr Pariser*innen machen es wie Marion: Statt des Autos nehmen sie das Fahrrad, ersparen sich damit zermürbende Staus auf verstopften Straßen und sind schneller am Ziel. „Die Coronapandemie hat dem Radverkehr in Paris einen richtigen Boost gegeben“, sagt Marion. Während der Pandemie vermieden viele Menschen die oft überfüllten öffentlichen Verkehrsmittel, stiegen aufs Rad und haben ihre Verkehrsgewohnheiten nachhaltig verändert. „In den vergangenen drei Jahren hat die Zahl der Radfahrer*innen in Paris um 70 Prozent zugenommen“, sagt Marion. Den Fahrradweg an der Seine und das immer weiterwachsende Radwegenetz haben die Pariser*innen den ambitionierten Plänen ihrer Bürgermeisterin Anne Hidalgo zu verdanken. Ihre Mission: Paris soll grüner, autofreier und fahrradfreundlicher werden.

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Wer rechts der Seine entlangradelt kommt auch am Louvre vorbei. Foto: Patrick Langwallner / unsplash

Seineufer zum Flanieren

Vieles ist in den vergangenen Jahren unternommen worden, um diese Ziele zu erreichen. Noch vor wenigen Jahren fuhren links und rechts der Seine täglich zehntausende Autos entlang. Seit 2013 ist ein Abschnitt des linken Seineufers für Autos gesperrt, seit 2017 auch ein Abschnitt an der rechten Uferseite. Davon profitieren nicht nur Fahrradfahrende. Flanierende Parisbesucher*innen, verliebte Paare, Jogger*innen, Familien mit Kindern können auf den errichteten Grünflächen entlang der Seine entspannen, Sport treiben oder bei Café au lait und Croissant in einem der Cafés frühstücken. Im Sommer wird das Ufer mit „Plage Paris“ zum Strand. Aufgeschütteter Sand, Liegestühle, Bars und Cafés sorgen für sommerliche Vibes.

Die autofreien Seineufer hat Anne Hidalgo nicht ohne Widerstände durchgesetzt. Auch ihre Pläne, die Pariser Innenstadt bis 2024 vom Individualverkehr zu befreien, stoßen auf Widerstand. Marion Soulet hingegen freut sich: „Je weniger Autos es gibt, desto mehr Platz bleibt den Fahrradfahrer*innen.“

Gold für den Eiffelturm

Marion empfiehlt auch Parisbesucher*innen wärmstens, die Stadt radelnd zu erkunden. Öffentliche Leihfahrräder, darunter fast zur Hälfte Elektroräder, können an den fast 1.500 Vélib-Leihstellen ausgeborgt werden. Als Route schlägt sie vor: „Man könnte zum Beispiel rechts der Seine beginnend vom Place de la Bastille die Rue de Rivoli entlangfahren und kommt dabei am Pariser Rathaus, dem Musée du Louvre und dem Place de la Concorde vorbei, bis man schließlich den Arc de Triomphe erreicht.“ Alternativ bleibt man auf der linken Seite der Seine, radelt an der Kathedrale Notre Dâme de Paris vorbei, durchs Quartier Latin, bis man schließlich zum Eiffelturm kommt. Der wird anlässlich der Olympischen Sommerspiele, die 2024 in Paris stattfinden, bald in neuem metallisch-goldenem Farbglanz erstrahlen. Nach über fünfzig Jahren ändert das Wahrzeichen Frankreichs damit wieder einmal seinen Farbton. Für den 330 Meter hohen Turm, der ursprünglich rot, später ockergelb, dann gelb-orange und schließlich ein halbes Jahrhundert braun war, sind rund sechzig Tonnen neue Farbe nötig. Die braucht es übrigens alle sieben Jahre, weil der Turm im Kampf gegen Rost regelmäßig gestrichen werden muss. In den vergangenen 134 Jahren seit seinem Bau ist das zwanzig Mal passiert. In luftigen Höhen tragen Arbeiter dabei die alte Farbe ab und neue auf.

Projekt: Sauberer Fluss

Wer im Sommer nach Paris reist und sich abkühlen möchte, kann das möglicherweise bald in der Seine tun. Geht es nach Anne Hidalgo, wird es ab 2025 drei öffentliche Badestellen am Fluss geben. Bereits bei den Olympischen Spielen im Jahr davor sollen einige der Wettkämpfe im Fluss ausgetragen werden. Seit hundert Jahren ist das Schwimmen in der Seine aufgrund des stark verschmutzten Wassers nicht erlaubt. Bereits Jacques Chirac hat 1990 als Pariser Bürgermeister versprochen, die Seine badetauglich zu machen. Mit dem „Plan Baignade“ möchte Hidalgo dieses Versprechen nun einlösen. Die Anstrengungen dafür sind enorm, die Kosten ebenso: Um die Wasserqualität zu verbessern, müssen unter anderem zehntausende Wohnungen und Hausboote, die ihre Abwässer bis jetzt ungefiltert in den Fluss leiten, an die Kanalisation angeschlossen werden.
Die Aussicht auf ein Bad in der Seine wird viele Pariser*innen freuen und auch Tourist*innen gefallen. Ein perfekter Tag in Paris könnte dann so aussehen: Zuerst mit dem Fahrrad durch die Straßen fahren, und wenn man gar zu sehr ins Schwitzen kommt, schnell zum Erfrischen in den Fluss hüpfen.

Autorin: Sandra Lobnig

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zuletzt geändert am 07.02.2024

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