Haus zwischen Felsen und Meer an der bretonischen Küste.
Haus zwischen Felsen und Meer an der bretonischen Küste. Foto: Atout France/Pierre Torset

Auf dem Zöllnerweg in der Bretagne

Ein Weitwanderweg, auf dem nur wenige Wanderer unterwegs sind, und der traumhaft schöne Ausblicke bietet, ist der Sentier des douaniers, der Zöllnerweg in der Bretagne. 

Das mystische der Finistiere, die zu erwartenden kulinarischen Belohnungen und die spärlichen Informationen, die wenig Frequenz versprachen, waren für mich ausschlaggebend, den von Ludwig XIV angelegten Zöllnerweg in der Bretagne zu begehen. Anders als heutige Machthaber investierte dieser Mann in Schlösser und nicht in Banken und somit hatte seine Geldeintreiberei im Kampf gegen den Schmuggel ja deutlich mehr Nachhaltigkeit. Seine Investitionen belasten wirtschaftlich zwar auch die nachfolgenden Generationen, haben aber doch Kunstwerke von unschätzbarem Wert hinterlassen.

Le sentier des douaniers

Der Sentier des douaniers  wird mit 52 Tagesetappen begehbar beschrieben und sollte 1330 Kilometer lang sein, ist also nur für Ruheständler in einer Reise bewältigbar. Die mir zur Verfügung stehenden 14 Tage teile ich daher in 6 Etappen im Süden der Bretagne und 7 Tage im Norden ein, ein Reisetag sollte dazwischen benötigt werden. Meine Recherche verspricht mir genügend „gites d’etapes“ am Weg, daher spare ich mir die Zimmerreserviererei. Die Freiheit zu gehen und zu bleiben wo man will, erscheint mir wichtiger.

Zollhaus mit typischem Steindach.
Zollhaus mit typischem Steindach. Foto: Atout France/Pierre Torset

Die Anreise sollte aus oben erwähnten Grund natürlich mit der Bahn erfolgen, aber nachdem mir die ÖBB einfach nicht garantieren will, dass der TGV in Zürich wirklich mit dem Nachtzug aus Graz zusammenwartet, muss ich mich dann doch für den Flug nach Brest entscheiden, womit zumindest der ökologische Fußabdruck eine erste, schmerzvolle Wunde hinterlässt. Die Zweite folgt, als sich herausstellt, dass entgegen der Auskunft Sonntags keine Busverbindung von Quimper zum Ausgangspunkt, dem Pointe du Raz, existiert. Der öffentliche Busverkehr ist in der Bretagne stark auf Schülertransport und Ferien eingestellt und es empfiehlt sich daher gut auf Zeitraum und Tage zu achten, wenn man sich mit Busplänen beschäftigt. Eine Herangehensweise, die aber auch auskunftsgebenden Personen nicht immer vertraut ist.

Das Weltende am Pointe du Raz sollte bei windigem Schlechtwetter besucht werden, so der Reiseführer, weil nirgendwo der Atlantik in seiner Wildheit so an die Küste peitscht und die Besucherströme folglich auch geringer sind. An diesem Tag ist das Meer ruhig, die Sonne scheint und ich zähle in etwa gleich viele Möwen wie Besucher. Das beschriebene bretonische Wetter will sich in diesen letzten Junitagen auch später nie zeigen. Nur einmal zahlt es sich kurz aus den mitgeschleppten Regenschutz auszupacken und der Wind beschränkt sich immer auf angenehme Frischezufuhr. Spätabends - der Sonnenuntergang ist an diesen langen Tagen nach 22 Uhr - lässt sich erst erahnen, wie nasskalt sich hier Herbst- und Wintertage anfühlen können.

Zu Fuß durch die Bretagne.
Zu Fuß durch die Bretagne. Foto: Atout France/Pierre Torset

Der Weg südwärts könnte abwechslungsreicher und schöner kaum sein. Gespickt mit schönen Buchten und den erwarteten Küsten- und Gesteinsformationen geht es bis Audierne, wo dank Internet eine erste Unterkunft in einem Chateau ausfindig gemacht wird. Der Besitzer Olivier hat es in jahrelanger, mühevoller Kleinarbeit selber restauriert. Die Geschichte mit den Unterkünften am Weg bestätigt sich allerdings zumindest auf den gewählten Etappen nicht. Die Franzosen und Bretonen sind gewohnt zu reservieren und nur dank diverser Internetdienste gelingt es mir, wegnahe Unterkünfte ausfindig zu machen. So manche Quartiere sind selbst Ende Juni schon ausgebucht und in der Hauptsaison wird dann oft nur noch wochenweise vermietet. Doch am Tagesende findet sich immer wieder eine schöne Unterkunft mit teils interessanten Quartiergebern, die - wenn im Ort kein Restaurant vorhanden - auch ein Abendmahl zubereiten.

Am Weg trifft man keine Weitwanderer und so wundert es auch nicht, dass keine Infrastruktur besteht. Der immer gut markierte Weg ist im Gegensatz zum französischen Guide auch nie als Zöllnerpfad markiert sondern immer nur als Küstenweg. So mancher Wegabschnitt lässt erahnen, dass das Losschicken von Zöllnern ähnlich sinnhaft gewesen wäre, wie wenn die griechische Regierung ihre Finanzbeamten in die Schweiz schicken würde.

Im schönen Küstenstädtchen Benodet endet die gewählte Südetappe und ich kann es nicht unterlassen, die Glenan Inselgruppe zu besuchen. Sicher auch weil ein als Franzose getarnter Deutscher mit seinen Bretagne-Krimis, die Neugierde auf das vorgelagerte Archipel geweckt hat.

Der notwendige Zwischenstopp in Quimper auf dem Weg zur Nordroute erweist sich als ausgesprochener Glücksfall. Keine Stadt wirkt bretonischer und die Hauptstadt der Finistere kann mit Repräsentationsarchitektur der Renaissance beeindrucken. Aber auch die Muscheln in Currysauce bleiben in Erinnerung und es wird bis Roscoff andauern, um kulinarisch noch einmal einen neuen Höhepunkt zu erreichen.

Die Erkundung des Nordens beginnt an der Cote de Granit Rose und wie der Name schon verrät, sind es die Gesteinsformationen, die hier die erste Tagesetappe wirklich zu einem Gemeinschaftserlebnis machen. Hier ist der Küstenweg auch wirklich der historische Zöllnerpfad und auch als solcher ausgeschildert. Spätestens in der Gegend von St. Jean findet man sich jedoch wieder in der trauten Einsamkeit des GR34 mit seiner zerklüfteten Küste und erfreulich kühlen und einsamen Sandbuchten bei nunmehr 30 Grad Temperatur. Das stete Auf- und Ab sorgt auch manchmal für etliche Höhenmeter, Warnungen im französischen Führer von wegen Gefährlichkeit sind jedoch übertrieben und sicher nicht für Menschen aus alpinen Ländern gedacht.

Mein Weg endet in Roscoff und dort mit einer kleinen Abschlusswanderung rund um die Ile de Batz, eine vom Golfstrom klimatisch besonders begünstigte Insel und so wie überall in der Bretagne imponiert mir hier eine scheinbar intakte, kleinstrukturierte, landwirtschaftliche Kultur. Schon im 19. Jahrhundert fuhren von hier die „Johnnies“ nach Großbritannien und brachten dort die Zwiebel im Direktverkauf unters Volk, heute haben die Bauern die British Ferries in ihrer Hand und schicken vom Hafen ihre reiche Ernte ins Königreich. Und als Mühlviertler Erdäpfelbauer muss ich natürlich erwähnen, dass meine hohen Ansprüche an Speisekartoffel hier gänzlich erfüllt werden.

Autor: Erich Schlagitweit, www.veganova.at

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zuletzt geändert am 27.02.2017

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