Frischer roher Fisch und Fisolenstückchen eingerollt in Reis und Algen, davon 3 Stück auf einem rustikal weiß glasierten Teller, garniert mit gelben Blüten und Saucentupfern.
California Rolls aus dem Salzkammergut . Foto: Seesushi

Wo aus Fernweh Heimweh wird

Gegrillte Garnelen aus den Tiroler Bergen, Sushi aus dem Salzkammergut, Miso-Suppe vom Traunsee — internationale Delikatessen, die nicht aus weiter Ferne transportiert, sondern bei uns in Österreich produziert werden.

Was für ein Genuss! Die knackigen Garnelen der Pastasauce sind in Tiroler Alpenwasser aufgewachsen, der frische Saibling auf dem Nigiri-Sushi ist in einem Salzkammergutsee geschwommen, genauso wie die Grundzutaten der g’schmackigen Fischsauce vom Traunsee. Immer mehr heimische Gastronom*innen und Lebensmittelproduzent*innen bringen ferne Geschmäcker in lokale Speisen. Für Txogitsu, das Fleisch der alten Kuh, geht die Reise nicht mehr nach Spanien, sondern ins Mühlviertel und das Südburgenland schmeckt nach edlem Kaviar.

Im milden, sommerabendlichen Licht schlendert ein Paar Hand in Hand über das Kopfsteinpflaster durch eine von alten Stadthäusern gesäumten Gasse, im Hintergrund ein Marktplatz mit hohem Kirchturm.
Die Haller Altstadt. Foto: Hall Wattens

Garnelen aus Tirol

Hall in Tirol — das ist eine der schönsten Städte Österreichs mit einem gut erhaltenen mittelalterlichen Kern, inmitten einer prächtigen Landschaft, in der sich passionierte Gipfelstürmer*innen und wandernde Naturliebhaber*innen wohlfühlen. Wie die Fische im glasklaren Wasser der Bäche, darunter auch die Urforelle, die in der Fischzucht Thaur vor dem Aussterben bewahrt wurde und in den Tiroler Gewässern langsam wieder heimisch wird.

In gutem Tiroler Wasser heimisch sind aber auch Neuzuzügler — die Alpengarnelen. Denn Daniel Flock und Markus Schreiner züchten in ihrer Indoor-Alpen-Aqua-Farm in Hall White-Tiger-Garnelen. Ohne Medikamente, ohne Pestizide. Die gut isolierten Becken sind Teil eines geschlossenen Kreislaufes, in dem das Wasser direkt wiederaufbereitet wird. „Die Missstände in der industriellen Shrimpszucht haben uns auf die Idee gebracht, Garnelen sauber zu züchten, ohne lange Transportwege in Tiefkühlcontainern, ohne Unmengen von Abwasser und ohne Mangrovenwälder dafür zu zerstören“, erzählt Daniel Flock. Die Krebstiere fühlen sich im auf 28 Grad erwärmten mineralstoffreichen gesalzenen Tiroler Wasser sehr wohl und landen nach rund fünf bis sechs Monaten auf den Tellern von Feinschmecker*innen — bis zu zehn Tonnen im Jahr.

„Die White Tigers eignen sich hervorragend für die Aufzucht in Aquafarmen. Sie überzeugen durch ihren einzigartigen süßlich-nussigen Geschmack und die knackige Konsistenz“, schwärmt Flock. Er ist überzeugt, dass Tirol nicht nur rustikal schmeckt, sondern auch Fische aus der alpinen Küche nicht wegzudenken sind: „Wir bringen dazu einfach ein neues Produkt.“ Das, zum Beispiel, so zubereitet ganz fein schmeckt: Eine feingehackte weiße Zwiebel und eine halbe fein geschnittene Zuckermelone in wenig Öl-Butter-Gemisch anschwitzen, 250 Gramm Alpengarnelen darin kurz garen, mit etwas Nudelwasser ablöschen, mit Salz und Pfeffer würzen und 500 Gramm gekochte Tagliatelle untermischen. Mit gehackter Minze bestreuen und die Tagliatelle mit Melone und Alpengarnelen servieren. www.alpengarnelen.at

Übrigens nicht die einzige Garnele aus Österreich – in der Steiermark züchtet Michael Wesonig nicht nur Bio-Saibling und Bio-Karpfen, sondern im Urban Fish Farming auch Gebirgsgarnelen, Zander und Branzino. www.michis-frische-fische.at

Luftaufnahme des Wolfgangsees, inmitten von Bergen und Wald, blauer Himmel spiegelt sich im See, der Ort Strobl nahe am Ufer gelegen.
Foto: Wolfgangsee Tourismus

Sushi aus dem Wolfgangsee

Salzkammergut — das ist Natur pur. Dort, wo schon der Kaiser und sein Hofstaat in der Sommerfrische lebten, genießen Gäste auch heute bei Kaiserwetter versonnene Aussichtsplätze, die Moore und Almen, das Bergpanorama und das glasklare Wasser der Seen, in denen Reinanken, Saiblinge und all die feinen Fische sich tummeln, die gebraten, gebeizt oder geräuchert zum Gaumenschmaus werden. Oder als See-Sushi. Denn der weitgereiste Koch Dominik Edlinger und seine Schwester Viktoria servieren in ihrem Restaurant SeeSushi in Strobl japanisch inspirierte Köstlichkeiten aus besten regionalen Zutaten. Forelle, Saibling und Waller werden zu fantastisch anzusehenden und ausgezeichnet schmeckenden Nigiri, Sashimi und California Rolls, garniert mit in Holunder eingelegter Sellerie statt Ingwer. Die Idee der Nachhaltigkeit und der bewusste Umgang mit der Natur hat die Geschwister zu ihrer SeeSushi-Philosophie geführt: „Wir wollen zeigen, dass wir in Österreich wertvolle Produkte aus einer intakten Natur haben. Das ist nicht selbstverständlich.“ seesushi.net

Im Vordergrund die fast spiegelglatte Wasseroberfläche des Traunsees, dahinter das Schlosshotel auf der Halbinsel umgeben von Wald und Bergen.
Foto: Traunseehotels

Fischsauce aus dem Traunsee

Im Salzkammergut gibt’s noch weitere asiatische Köstlichkeiten aus heimischen Zutaten. Fische aus dem Traunsee sind die kulinarischen Botschafter der Region, der Stanglfisch lokaltypische Spezialität. Den fernöstlichen Touch bringen Spitzenkoch Lukas Nagl, Designerin Christine Bramesberger und Lebensmitteltechnologe Viktor Gruber mit Luvi Fermente in die erholsame gebirgige Landschaft. Sie fermentieren heimische Produkte zu asiatischen Würzsaucen, etwa „Traunsee Garum“. „Wir haben großartige biologische Rohstoffe für Garum, Misos und Shoyus in hervorragender Qualität quasi vor der Haustüre. Wir haben die Chance ergriffen, die Lieferwege verkürzt und außerdem Lebensmittel produziert, mit denen man den Fleischkonsum reduzieren kann“, erklärt Viktor Gruber. Denn die Saucen bringen Umami-Geschmack ins Essen, der bei vegetarischen Gerichten oft fehlt.

„Verwendet werden Getreide und Soja aus Regau, Salz aus Ebensee und Fischabschnitte, die in der umliegenden Gastronomie vom Fischfang im Traun- und Attersee anfallen. Der Großteil der Rohstoffe ist hier gewachsen und wird bis zum fertigen Produkt verarbeitet“, sagt Gruber, der Salatdressings nur mehr mit Miso mixt. Außerdem entlockt Luvi Fermente hiesigen Rohstoffen durch fernöstliche Fermentationstechniken neue Geschmäcker, etwa beim Kürbiskernmiso oder beim Mohnmiso. Das schmeckt, zum Beispiel, als Mohnmiso-Salzzitronen-Sauce über Spaghetti: 250 Gramm Spaghetti in wenig ungesalzenem Wasser kochen. Vier Schalotten schälen und fein hacken, in wenig Butter langsam anschwitzen, mit einem Schöpfer Nudelwasser ablöschen. 1/8 fein gehackte Salzzitrone (ohne Fruchtfleisch) oder einen Teelöffel geriebene Zitronenschale und eine feingehackte Knoblauchzehe sowie einen Esslöffel Mohnmiso in die Pfanne geben. Nach Bedarf immer wieder Kochwasser der Nudeln hinzugeben, um die Sauce mit der Stärke zu binden. Mit Zitronensaft, Weinessig oder Milchsäure abschmecken. Nudeln untermischen, mit Pfeffer und Parmesan servieren. www.luvifermente.eu

Ein kräftig tiefrotes Stück Fleisch, fein durchzogen
Foto: lomo alto

Alte Kuh aus dem Mühlviertel

Das Mühlviertel — mystische Wälder und sanfte Hügel im Norden Oberösterreichs locken zum Wandern und Spazierengehen. Auf den satten grünen Wiesen weiden weiße, braune, gefleckte Kühe. „Sie brauchen hauptsächlich Gras, kein hochkonzentriertes Futter und passen somit perfekt zu den eher niedrigen Ertragsbedingungen der Mühlviertler Hügellandschaft“, weiß Katharina Sageder. Vor fünf Jahren haben die Biobäuerin und ihr Mann ihre Leidenschaft für gutes Essen und das Interesse an der spanischen und französischen Gourmet-Tradition für das hochwertige Fleisch von alten Kühen in das Projekt „Lomo Alto organico“ zusammengeführt: Mutterkühe von den zahlreichen Mühlviertler Biobauern dürfen noch einige Zeit das Leben auf einer saftigen Wiese genießen, bevor sie stressfrei am Hof geschlachtet werden. „Die Biotierhaltung und ganz besonders die stressfreie Schlachtung sind der Grundstein für hochwertiges Fleisch mit besonders günstigen Reifeeigenschaften und unumstritten ein ganz wesentlicher Faktor zu einer ethisch vertretbaren Fleischproduktion“, so Sageder. Nach 15 Wochen Trockenreifung verringert sich der Wassergehalt im Fleisch und das typische feine, leicht nussige Rindfleisch kommt zur Vollendung.

Zum Beispiel im Rinderbraten, der natürlich vorzüglich zum traditionsreichen Mühlviertler Bier passt: Zwei Karotten und eine Stange Lauch grob schneiden, in einen Bräter geben. Ein Kilo Lomo Alto Bratenstück salzen, pfeffern, in Butterschmalz oder Rinderkernfett scharf anbraten und mit einem Zweig Rosmarin auf das Gemüse setzen. Den Bratenrückstand mit wenig Wasser ablöschen und in den Bräter gießen. Bei 95 Grad acht Stunden zugedeckt garen. Dabei verdampft der Fleischsaft nicht, sondern verteilt sich langsam im Braten und das Fleisch wird besonders weich und saftig. Vor dem Servieren auf 180 Grad erhitzen und das Fett vom Bratensaft abschöpfen oder den entfetteten Bratensaft mit dem Gemüse zu einer feinen Sauce mixen. www.lomoalto.at

In der klaren Wasserfläche eines Teiches, inmitten von grüner Wiese und hohen Laubbäumen, spiegelt sich Himmel und Landschaft, drei Enten hintereinander gleiten darüber.
Romeo Caviar´s Naturteiche in Mariasdorf. Foto: Hermann Gohl

Caviar aus dem Südburgenland

Das Burgenland — eine Genussregion mit blühenden Kräuterwiesen im Frühling und Sommer, Ganslbraten und offenen Kellertüren im Herbst.Für mich ist Genuss vom burgenländischen Lebensgefühl nicht mehr wegzudenken. Wir haben ausgezeichnete Weine, Trüffel, Safran, Schnecken, Tauben, Wagyu. Das Burgenland ist für mich das neue Piemont“, sagt Romeo Schermann. Er sorgt mit seinem „Romeo Caviar“ dafür, dass das Südburgenland auch nach Stör und Kaviar schmeckt. Seit acht Jahren züchtet Schermann den edlen Fisch in Teichen in Mariasdorf.Da die Fische hauptsächlich Naturnahrung zu sich nehmen und Kürbispresskuchen aus der Region, schmecken sie natürlich besser als Fische aus Betonlaufbecken, die mit Industriefutter aufgezogen werden.“ Die gute Wasserqualität und der stressfreie Umgang mit den Fischen sind auch Voraussetzung dafür, dass der burgenländische Caviar bei Verkostungen immer wieder ausgezeichnet wird. Romeo Schermann selbst genießt am liebsten Romeo’s Choice: Das sind Austern mit einem Schuss Zitrone, Vodka und Kaviar. www.romeo-caviar.at

Autorin: Beate Steiner

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zuletzt geändert am 14.03.2022

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