Workation – Arbeiten mit Urlaubsgefühlen
Dank Digitalisierung sind viele berufliche Tätigkeiten nicht mehr an einen bestimmten Ort gebunden. Worauf du achten solltest, wenn du mit deinem Laptop an den Strand oder Pool übersiedelst?
Es war 2006 als ich in einem großen Dilemma steckte. Meine Frau absolvierte im Rahmen ihrer MBA-Ausbildung einen Auslandskurs an der Universität von Phoenix / Arizona. Da war es aufgelegt, zwei Wochen vorher anzureisen um San Francisco, den Yosemite-Nationalpark, Death Valley und vor allem den Grand Canyon zu besuchen. Nur blöd, dass das zeitlich genau mit der Produktion der nächsten Ausgabe des Magazins LEBENSART zusammenfiel. Das müsste doch irgendwie zu lösen sein!
Da wir im Verlag von Beginn an Remote arbeiten, also über einen zentralen Rechner, auf den man von allen Orten der Welt zugreifen kann, konnte ich mit dem Laptop in der Tasche mitfahren. WLAN sollte in den USA kein Problem sein. So machte ich meine erste Erfahrung mit so etwas ähnlichem wie „Workation“. Ich bin mir jedoch nicht sicher, ob es diesen Begriff – ein Kunstwort aus „Work“ (Arbeit) und „Vacation“ (Urlaub) - damals schon gab.
Meine erste Workation-Erfahrung verlief durchaus positiv. Nur die neun Stunden Zeitunterschied bedeuteten, entweder nach Mitternacht oder um fünf in der früh zu telefonieren. Ein bisschen ungewohnt, aber machbar.
Arbeiten, wo andere Urlaub machen
Die USA-Reise war wohl mehr ein Urlaub, bei dem halt noch viel an Arbeit „nebenbei“ zu erledigen war. Workation in seiner korrekten Definition bedeutet jedoch nicht, im Urlaub zu arbeiten, sondern die Arbeit in eine Umgebung mit Urlaubscharakter zu verlegen. Es handelt sich definitiv um Arbeitszeit, die produktives Arbeiten mit einem Aufenthalt an einem Urlaubsort verbinden soll.
Die erste richtige Workation erlebte ich dann im Sommer 2022. Da ich den Begriff immer noch nicht kannte, nannte ich es - angelehnt an das coronabedingte „Home-Office“ - damals „Holiday-Office“ (was mir übrigens immer noch besser gefällt als Workation). Wie es dazu kam: Im August 2022 hatten Freunde eine kleine Hütte im Koversada Park Camping Resort in Istrien nahe Rovinj gebucht. Wegen eines Unfalls konnten sie die Reise nicht antreten. Auf der Suche nach Ersatz haben sie uns gefragt. Es gibt dort einen großen Tisch zum Arbeiten und Internet – also haben wir uns für eine ganz spontane Arbeitswoche in Kroatien entschlossen.
Trotz Sommer, Sonne Strand und Meer mussten wir uns auf einen sehr geregelten Alltag einigen: Früh aufstehen, erste Arbeitseinheit nach dem Frühstück, mittags eine kurze Jause samt Siesta, Weiterarbeit am Nachmittag bis in den Abend hinein. Dazwischen mehrmals am Tag eine kurze Abkühlung im Meer, nach Feierabend direkt in den Urlaubsmodus wechseln und den Tag bei Sonnenuntergang in einem wunderbaren Fischrestaurant ausklingen lassen – das Leben und Arbeiten könnte schlimmer sein. Einziger Wermutstropfen: Die Hütte war sehr offen gebaut und der Lärm diverser Partys in der Umgebung verstummte erst in den frühen Morgenstunden. Am Ende der Woche waren wir daher ziemlich durch den Wind.
Die geeignete Location
Die Kombination aus Arbeit und Urlaub ist zwar überall möglich, wo es einen Tisch und ein ein zuverlässiges Internet gibt. Trotzdem sollte ein Hotel, das Workation offensiv auslobt, etwas mehr bieten. Wer will schon gern sein Büro auf einem winzigen Tisch neben ungemachten Betten aufschlagen oder sich im Haus in einen Winkel verkriechen, wo man halbwegs ungestört ist. Ein eingerichteter Arbeitsplatz im Zimmer oder in einem Gemeinschaftsbereich mit Schreibtischen, Steckdosen, gutem Licht, vielleicht sogar mit Drucker und Scanner oder bei Bedarf sogar Meetingräumen sind da schon eine andere Klasse. Und damit auch die „Vacation“ nicht zu kurz kommt: Ein Wellnessbereich, Massagen, Sportangebote, Fitnessraum, Yoga-Kurse, ein Pool zur Erholung nach der Arbeit und ein attraktives Angebot in der Umgebung des Hotels sind die perfekten Zutaten.
Rechtliches
Einfach losfahren und am Montag vom Pool aus im Büro anrufen geht natürlich nicht. Klingt logisch, in der Praxis gibt es dennoch jede Menge Unklarheiten. Eine Studie von PwC Deutschland aus 2023 hat ergeben, dass mehr als ein Zehntel der Befragten ihren Arbeitgeber nicht über ihr grenzüberschreitendes Arbeiten informiert hatte. Vier von zehn Beschäftigten, die grundsätzlich Workation nutzen dürfen, kannten die geltenden Regelungen nicht. Es ist davon auszugehen, dass es eine hohe Anzahl nicht genehmigter Arbeitsaufenthalte im Ausland gibt, die unter Umständen vielfältige rechtliche und Compliance-Risiken bedeuten können.
In manchen Unternehmen gibt es bereits interne Regelungen. Besteht so ein Workation-Angebot seitens des Arbeitgebers, muss dieser rechtzeitig im Vorfeld über den geplanten Auslandsaufenthalt in Kenntnis gesetzt werden.
Urlaubsrecht - Vermischung mit Arbeit?
Natürlich musst du auch im Hotel oder am Strand auf Arbeitszeiten und Pausenregelungen achten. Für uns als Selbständige war das natürlich einfacher, trotzdem galt es, zuvor alles mit den Mitarbeiter*innen zuhause abzuklären und die „Bürozeiten“ für Telefonate einzuhalten. Eine zeitliche Vermischung von Urlaub und Arbeit solltest du so weit als möglich vermeiden.
Wenn du im Ausland arbeitest, gelten möglicherweise andere arbeitsrechtliche und steuerliche Vorschriften, Unfall- und Krankenversicherung müssen auch im Ausland greifen. „Eine vorübergehende Tätigkeit in einem anderen Staat - wie sie im Fall von Workation in aller Regel vorliegt - hat per se keinen Einfluss auf das für das Arbeitsverhältnis anwendbare Recht. Trotzdem ist eine explizite vertragliche Rechtswahl empfehlenswert“, so PwC-Legal Österreich.
Wesentlich sei weiters, dass eine vertragliche Grundlage für diese spezielle Form von Remote Work geschaffen wird. Da die Homeoffice-Definition im österreichischen Recht sehr eng gefasst ist, sei im Einzelfall zu prüfen, ob die bloße vertragliche Vereinbarung von Homeoffice als Rechtsgrundlage für Workation überhaupt ausreicht.
Datenschutz, Steuer, Sozialversicherung
Neben den oben angesprochenen Aspekten gibt es noch zahlreiche weitere Punkte, die in Zusammenhang mit Workation zu berücksichtigen sind: Beispielsweise sollten Arbeitnehmer*innen zu einem besonders sorgsamen Umgang mit vertraulichen Unternehmensdaten angehalten werden. Gerade in Bezug auf Datenschutz und Datensicherheit ist oft fraglich, ob im Ausland dieselben Standards gewährleistet werden können, wie in Österreich.
Trotz der in der Regel bloß kurzen Tätigkeit im Ausland müssen die steuer- und sozialversicherungsrechtlichen Rahmenbedingungen anhand des konkreten Sachverhaltes geprüft und mögliche (nachteilige) Konsequenzen ausreichend berücksichtigt werden. Auch ausländerbeschäftigungs- und aufenthaltsrechtliche Aspekte sollten – insbesondere in Zusammenhang mit Drittstaaten - immer rechtzeitig mitbedacht werden, um unliebsame und folgenschwere Konsequenzen zu vermeiden.
Win-win Situation nutzen
Wenn alle Aspekte rechtlich und unternehmensintern abgesichert sind, ist Workation laut PwC-Studie für alle Beteiligten ein klarer Benefit. Arbeitnehmer*innen sind im Unternehmen langfristig zufrieden und produktiver, Arbeitgeber*innen profitieren von geringerer Fluktuation und engerer Mitarbeiter*innen-Bindung.
Wir können das aus eigener Erfahrung bestätigen. Nach unseren Workation-Aufenthalten hatten wir immer das Gefühl, mehr geschafft zu haben als daheim. Warum können wir nicht sagen. Vielleicht beflügelt ja die neue Umgebung die Kreativität.
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zuletzt geändert am 19.08.2025