Eva Maria Resch sitzt im Gras am Ufer des Weissensees und zeichnet.
Die Umgebung mit dem Skizzenbuch erkunden: Die Wochenend-Zeichenkurse mit Eva Maria Resch laden im Strandhotel am Weissensee Anfänger wie Fortgeschrittene ein, mitzumachen. Foto: Eva Maria Resch

Kreativität im Gepäck

Mit eigenen Händen etwas zu schaffen, verleiht der Urlaubsreise eine besondere Qualität. Wer einmal Kreativurlaubsluft geschnuppert hat, kommt gerne wieder.

Unbändige Freude empfindet Manuela Egger, wenn sie vom Ikonenmalkurs in Klagenfurt nach Hause fährt – und auch ihr Kopf ist wieder frei. Einmal pro Jahr gönnt sich die Grafikdesignerin aus Bruneck eine Auszeit, in welcher sie von der – wie sie es nennt – „konstruierten“ Kreativität ihres Berufs Abstand gewinnt und meditativ im freien Malen versinkt. Mit dem Pinsel individuelle Farbnuancen zu mischen und auf die hölzerne Unterlage aufzutragen, hat eine eigene Qualität, die Manuela als „göttlich“ bezeichnet. Das will sie aber nicht ausschließlich im religiösen Sinn verstanden wissen. Gemeint sei die innere Verbundenheit mit etwas Größerem und mit den anderen Teilnehmer*innen des Kurses, die ebenso konzentriert zu Werke gehen wie sie selbst. In der sogenannten Eitemperatechnik werden Farbpigmente mit Eigelb, Alkohol und Wasser vermischt und dann während des Malprozesses immer wieder mit einem Tropfen Eigelblösung oder ganz wenig Wasser versetzt, um unterschiedliche Farbschattierungen zu erhalten. Am Ende der Kreativwoche nimmt sie eine gemalte, blattvergoldete Ikone mit nach Hause. Warum sie nicht stattdessen wandern oder Schi fahren geht? „Da müsste ich zweifellos weniger denken und mich weniger konzentrieren, doch etwas zu (er-)schaffen erfüllt mich ungleich mehr“, sagt die Südtirolerin.

Ein Hobby in die Reise zu integrieren, liegt im Trend. Ob filzen, kochen, zeichnen, fotografieren, tanzen oder Kräuterseifen herstellen – Kreativreisen sind abwechslungsreich und machen viele junge und ältere Reisende zu Wiederholungstätern. Diese Erfahrung teilt auch Sandra Egartner, die im Kleinen Berghotel den Sommer über jeden Dienstagnachmittag Kochkurse für Kinder und Jugendliche anbietet. Gekocht wird ein viergängiges Menü. Selbst geerntete Wildkräuter wie Brennnessel oder Giersch sowie Kräuter aus dem eigenen Garten wie Schnittknoblauch, Majoran oder Borretschblüten spielen eine zentrale Rolle bei der Zubereitung der Speisen. „Sie sind mit Eifer dabei und lieben es zu schnippeln, zu kneten, zu panieren. Die Kleinen strahlen vor Freude, wenn sie ihrer Familie das Menü am Abend schließlich selbst servieren. Je nachdem wie lange die Familie auf Urlaub ist, kommen viele von ihnen die darauffolgende Woche oder in einem darauffolgenden Jahr wieder in den Kurs“, freut sich die Köchin und Kräuterpädagogin darüber, wie gut das Programm angenommen wird.

Kinder nbeim Kochen
Kochkurs im Kleinen Berghotel: Kinder lieben es zu schnippeln, zu kneten und zu panieren. Foto: Sandra Egartner, Kleines Berghotel

Nicht überfordern

Wichtig ist es, sich im Vorhinein gut zu überlegen, ob man den Urlaub durch einzelne Do-it-yourself-Tage auflockern möchte oder die kreative Aktivität der eigentliche Zweck der Reise ist. Denn der Grat zwischen Kontemplation und Überforderung ist schmal, weiß Manuela Egger: „Es kommt manchmal vor, dass ich elendslang über einem kleinen Detail brüte und dann in Zeitnot gerate, das Werk rechtzeitig bis zum Kursende fertigzustellen. Das kann einen gewissen Druck erzeugen, den man im Urlaub nicht haben möchte.“ Hier gilt – frei nach Paul Watzlawick: Zweimal so viel ist nicht immer doppelt so gut.

Yes, you can!

Manchmal raunt einem die innere Stimme zu, dass kreativ zu sein, womöglich noch mit Anleitung in einer fremden Sprache, zu schwierig sei. Das kann bei der Planung des Kreativurlaubs getrost ignoriert werden, denn es geht um lustvolles Ausprobieren, nicht um Perfektion. Und wo ein Wille ist, ist auch ein Weg. Es gibt unzählige Kreativreisen und Workshops, wo man sich einer organisierten Gruppe anschließen kann. So kommen auch Alleinreisende rasch und unkompliziert mit Menschen in Kontakt, die sich für dasselbe Thema begeistern. Man ist dadurch vielleicht etwas weniger flexibel und spontan, kann sich vorab aber gut auf das Reiseprogramm einstellen. Bei allem, was mit den Händen gemacht wird, rückt die Sprache ohnehin in den Hintergrund, erzählt Sandra Egartner: „Ich hatte Kinder in der Gruppe, die weder Deutsch noch Englisch sprachen, da zeigte ich die einzelnen Arbeitsschritte einfach vor und sie machten es mir nach.“

Die Qual der Wahl

Wer sich dazu entscheidet, seine Ferien durch schöpferische Aktivitäten aufzuwerten, der muss nicht unbedingt in die Ferne schweifen. Spezialisierte Anbieter für Kreativreisen, Regionen, Hotels und Tourismusbetriebe bieten in Österreich und Europa eine Fülle von Aktivitäten zu den unterschiedlichsten Themen an. Gerade die Corona-Pandemie hat unseren Blick für das Echte, Ursprüngliche geschärft, das oft nicht weit vor unserer Haustüre liegt.

Den Rahmen für eine Kreativreise geben der gewünschte Zeitraum, die Destination und das Budget vor. Ist der Ansprechpartner seriös und zuverlässig? Gibt es eine Termingarantie? Welches Renommee genießt der Kursleiter oder die Kursleiterin? Und welche Erfahrungen haben Gäste bisher gemacht? Diese Fragen sollten sich Kreativreisende vorab stellen, um böse Überraschungen zu vermeiden. Ist das Reisebudget begrenzt, lohnt sich ein Blick auf entsprechende Angebote in der Nebensaison.

Entdecken. Ausprobieren. Erlernen.

Elfriede Unterweger und Schwiegertochter Kathrin vom Jörgishof heißen während der Sommersaison einmal pro Monat Gäste willkommen, die in einem halbtägigen Workshop den Produktionsweg von der Bio-Heumilch zu Butter, Frischkäse und Mozzarella im wahrsten Sinne des Wortes be-greifen möchten. Alle Teilnehmer*innen werden da abgeholt, wo sie sind: „In den Kursen spielt es keine Rolle, welches Vorwissen vorhanden ist oder ob jemand Anwältin oder Fließbandarbeiter ist“, so Kathrin. Wenn der zentrifugierte Rahm im Nirosta-Butterfass geschlagen und der Käsebruch schichtweise in Formen geschöpft ist, bleibt noch Zeit für Gespräche und – durchaus auch kritische – Fragen rund um Tierhaltung und Bergbauernwirtschaft.

Eine Dame beim Holz-Drechseln.
Wer das Drechselhandwerk kennenlernen möchte, hat in der Drechslerei Reiter in Zwettl Gelegenheit dazu. Foto: Waldviertel Tourismus, Robert Herbst

Während Produktion und Verarbeitung von Lebensmitteln universelle Themen sind, heften sich manche Regionen das Bewahren und Vermitteln traditioneller, regionaler Handwerkskunst auf die Fahnen. Verbringt man seinen Urlaub im niederösterreichischen Waldviertel, kann man in Schnupperkursen tischlern, Kristallglas schleifen, Amethystschmuck fertigen, Seifen sieden, töpfern, Sonnenuhren bauen oder Perlmutt drechseln. Schlüsselanhänger aus Leder fertigt man in der Manufaktur „Yupitaze Fischtextil“, die nach sibirischer Tradition Karpfenhaut ohne herkömmliche Gerbung zu weichem, geschmeidigem Fischleder verarbeitet. Möglich gemacht wird diese breite Angebotspalette durch den Zusammenschluss zahlreicher Handwerksbetriebe zur Kooperative „Handwerk und Manufaktur im Waldviertel“.

Wer schreibt, der bleibt

In der ehemaligen Papierfabrik Steyrermühl werden historische und zeitgeschichtliche Themen rund um die Papierherstellung präsentiert. Wer möchte, kann selbst ein Blatt Papier schöpfen oder in einem separaten Workshop Lettern produzieren, setzen und drucken. Fortgeschrittene erweitern ihr handwerkliches Können in Lithografie- oder Monotypie-Workshops.

Das Strandhotel Weissensee liegt nicht nur malerisch, es lädt auch zum Malen ein – besser gesagt zum Zeichnen. Inspiriert von der fast schon kitschig anmutenden Landschaft finden dort regelmäßig Zeichenkurse für Kinder, Jugendliche und Erwachsene statt. Unter fachkundiger Anleitung erlernen Kreativreisende, wie sie Licht, Schatten und Bildaufbau zu einer gelungenen Zeichnung komponieren. Gearbeitet wird dabei mit Skizzenblock, Bleistift, Kohle, Fineliner sowie Aquarellkasten.

Ferien eröffnen wie kaum eine andere Zeit im Jahr die Möglichkeit, über sich hinauszuwachsen, unbeschwert Neues auszuprobieren, Dinge zu tun, die man vielleicht schon eine Weile aufgeschoben hat. Das Ergebnis muss dabei nicht perfekt sein, vielmehr stehen das Entfalten der eigenen Fantasie, das unmittelbare Erleben mit allen Sinnen, Inspiration und Erfahrung im Vordergrund. Und natürlich die Erinnerung an die nahezu kindliche Freude, die beim Selbermachen aufkommt.

Autorin: Regina M. Unterguggenberger

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zuletzt geändert am 15.01.2024

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